Royal Concertgebouw Orchestra
Iv�n Fischer
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Bewertung: ���
Gestern startete das neunzehnte MUSIKFEST BERLIN, bei dem es in den kommenden drei Wochen 28 Veranstaltungen mit �ber 60 Werken von etwa 45 Komponistinnen und Komponisten geben wird. Es ist das erste gro�e hauptst�dtische Highlight der begonnenen Theater- und Musiksaison 2023/24, und es strahlt seit Jahren weit �ber die Spreeufer hinaus und hat sich seinen festen Platz - vor allem im Kalender namhafter Orchester aus dem In- und Ausland - erobert. Dass das Fest ohne eine Zusammenarbeit der Berliner Festspiele GmbH mit der Stiftung der Berliner Philharmoniker (die sein urspr�nglicher Ideengeber war) undenkbar w�re, kann als Binsenweisheit durchgehen; es l�ste seiner Zeit die bis da stattgefunden habenden Berliner Festwochen, dieses illustre Misch-Event des alten West-Berlin, endg�ltig ab und hatte sich sohin als �berwiegend "reines" Orchesterfestival, als das es sich von Anfang an zu etablieren wusste, sein Alleinstellungsmerkmal verpasst.
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Iv�n Fischer und das Royal Concertgebouw Orchestra beim MUSIKFEST BERLIN 2023 Foto (C) Fabian Schellhorn/ Berliner Festspiele
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Das gastierende Royal Concertgebouw Orchestra - diesmal unter Leitung seines Ehrengastdirigenten Iv�n Fischer - er�ffnete schon oft das Festival; im letzten Jahr spielte es beispielsweise unter seinem designierten neuen "Chef" Klaus M�kel� ein St�ck der in diesem Sommer leider viel zu fr�h verstorbenen finnischen Komponistin Kaija Saariaho sowie die Sechste Mahlers.
Diesmal setzte es erneut ein zeitgen�ssisches mit einem Werk des in B�hmen geborenen �sterreichers ins Verh�ltnis; und weil die Symphonie Nr. 7 e-Moll von Gustav Mahler an sich schon, nicht nur zeitlich, mehr als �berbordend ist, hatte dieses bemerkenswerte Er�ffnungskonzert eine doch ziemlich lange L�nge.
Zu reden ist besonders �ber den Teil 1 des wahrlich strapazi�sen Abends:
J�rg Widmann (50) z�hlt zu den herausragendsten Komponisten unserer Tage, und sein Ruf (nicht nur als Tonsetzer, sondern wohl auch als Klarinettist und gelegentlicher Dirigent, als der er in den letzten Jahren immer mehr in Erscheinung trat und tritt) kann l�ngst als "interkontinental" bezeichnet sein; das Cleveland Orchestra unter Franz Welser-M�st bestritt bei seinem MF-Gastspiel 2014 einen ganzen Abend ausschlie�lich mit Widmann-Werken.
Gestern nun erklangen f�nf seiner (von den Amsterdamern �ppig begleiteten) Lieder aus dem Zyklus Das hei�e Herz, den Widmann urspr�nglich f�r Bariton und Klavier komponierte, welchen er dann (in dieser Fassung) 2013 ver�ffentlichte. Acht St�cke sind es insgesamt - 2018 hatte er sie schlie�lich f�r Bariton und Orchester umgearbeitet.
"Auch wenn die Vorlage immer wieder durchscheint, ist die neuere Fassung monumental und kommt einer �bermalung n�her als einer Instrumentation. Als gleichsam ultimative Abgrenzung erscheint das Klavier als Teil des Ensembles �ber weite Strecken untergeordnet; den Klaviersatz �bernehmen dann etwa Harfen, Celesta und Akkordeon, und die zahlreichen Schlaginstrumente tauchen den Klang in ein g�nzlich unpianistisches Ungef�hr. In der zweiten Strophe des letzten Lieds 'Einsam will ich untergehn' � es ist ungef�hr so lang wie alle anderen Lieder in dieser Auswahl zusammen � ist das 'Tauchen' sogar w�rtlich zu verstehen, wenn eine R�hrenglocke in einem Wasserbottich versinkt." (Olaf Wilhelmer im Programmheft)
Apropos "Einsam will ich untergehn" - achtmal steht diese Verszeile im todess�chtigen Gedicht Clemens Brentanos (einem echten Vorzeiger, was sp�tromantische Lyrik Anfang des 19. Jahrhunderts betrifft). Und von den Widmann-St�cken, die ich bisher rezipierte (und das war'n bestimmt nicht wenige) ist dieses Lied das sch�nste, was ich jemals h�rte. Michael Nagy sang es mit einer derartigen Inbrunst, dass es mir die Tr�nen in die Augen trieb.
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Der Bariton Michael Nagy sang f�nf Lieder aus dem Zyklus Das hei�e Herz von J�rg Widmann - begleitet vom Royal Concertgebouw Orchestra unter Iv�n Fischer am 26. August 2023 in der Philharmonie Berlin Foto (C) Fabian Schellhorn/ Berliner Festspiele
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Nach der Pause Mahlers Siebte.
Ich hatte sie bisher wohl nicht sooft geh�rt wie die neun anderen (einschlie�lich der von Deryck Cooke vervollst�ndigten Zehnten), und da wird es mir wom�glich �hnlich gehen wie manch anderm Mahler-Fan; denn in den anderen neun Exemplaren gibt es "wenigstens" dann immer einen Satz, zumeist ist es der langsame, den mitzuschwelgen einfach Freude und Erhabenheit bereitet, mitleidorgienlastig; ja und in der Siebten fehlt nun mal (trotz ihrer beiden Nachtmusiken) so ein ganz bestimmter nachsummbarer Satz.
Je �fter und je intensiver ich mir allerdings die Siebte zu Gem�te f�hrte, wurde sie mir mehr und mehr sympathisch, und obgleich - ich geb' es zu - ihr konzeptioneller Kosmos meinem willentlichen Mitgehen/ Mitf�hlen beim direkten (also live) und/ oder beim verinnerlichten H�ren (also unter Kopfh�rern) im Wege steht. Ich bin zwar jedesmal von Neuem v�llig baff, was Mahler da an f�r mich v�llig unerwartbaren Ideen klanglich anbietet, und manchmal frage ich mich hochbesorgt, bin ich tats�chlich (nicht nur intellektuell) beschr�nkter als so mancher Mahler-Fan weit au�erhalb von mir, dass ich partout nicht auf des Pudels Kern von diesem Unget�m an Sinfonie zu sto�en komme.
Im Programmheft las ich dahingehend Tr�stliches, denn selbst der legend�re Georg Solti meinte einst:
�Die Siebente habe ich seltener dirigiert als die anderen Mahler-Symphonien. Sie ist ein seltsames Werk. Besonders der erste Satz wirkt wie ein Alptraum. Es kommt mir vor wie das Werk eines Verr�ckten.�
Allerliebst.
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Iv�n Fischer holte aus den Amsterdamern raus, was (f�r ihn) rauszuholen wichtig war! Beim zweiten Nachtst�ck �bertrieb er's dahingehend, dass ich zwar die Mandoline irgendwie noch 'raush�rn konnte, aber die Gitarre nicht.
Genial gemeisterte Instrumentalsoli (Horn, Trompete, Posaune, Violine, Cello, Bratsche usw.), alles tadellos.
Tolles Orchester!
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Andre Sokolowski - 27. August 2023 ID 14355
MUSIKFEST BERLIN (Philharmonie Berlin, 26.08.2023)
Er�ffnungskonzert
J�rg Widmann: Das hei�e Herz, Liederzyklus f�r Bariton und Orchester (Auswahl)
- "Der arme Kaspar"
- "Hab� ein Ringlein am Finger"
- "Das Fr�ulein stand am Meere"
- "Kartenspiel"
- "Einsam will ich untergehn"
Gustav Mahler: Symphonie Nr. 7 e-Moll
Michael Nagy, Bariton
Royal Concertgebouw Orchestra
Dirigent: Iv�n Fischer
https://www.berlinerfestspiele.de/musikfest-berlin
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