Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (Vladimir Jurowski)
ANTRITTSKONZERT
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Bildquelle: RSB
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Bewertung: ���
Ein ausverkauftes Konzert, vorher wilde Mails seine vorbestellten Karten unbedingt bis 19.40 Uhr abzuholen, da die Warteliste lang und das Interesse nach Karten gro� ist. Was ist da passiert? Wie kann es sein, dass ein Abend mit 75 Prozent Neuer Musik ausverkauft ist? Und das auch noch im 2.250 Sitzpl�tze fassenden Gro�en Saal der Berliner Philharmonie.
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Mit dem Abschied von Marek Janowski ging in der vergangenen Saison eine �ra zu Ende. Vladimir Jurowski gab gestern sein erstes Konzert als Chefdirigent und k�nstlerischer Leiter des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin. Er schert sich nicht um alte Z�pfe: Musik stellt Anspr�che. Nach diesem Credo will er dem Klangk�rper seinen ganz eigenen Stempel aufdr�cken und kombinierte bei seinem Antrittskonzert zeitgen�ssische asiatische Musik mit der klassischen Moderne Sch�nbergs, Luigi Nonos revolution�re Musik�sthetik mit Beethovens 5. Sinfonie. Da muss man erstmal draufkommen!
Perkussive Fl�chen er�ffnen Isang Yuns Dimensionen f�r gro�es Orchester. �ber diesen Klangteppich huscht immer helles Zwitschern der kleinen Holz- und Blechbl�ser. Grelle T�ne, die lange ausgehalten werden. Das ist kein westeurop�isches Kontraste-Programm von piano zu forte, von horizontal zu vertikal, von schnell zu langsam. Das ganze St�ck ist ein einziges Schwingen und Sich-Steigern, ein Spannungszustand wie eine Sinuskurve, die sich �ber unz�hlige Amplituden entwickelt.
Gegen solch schillernde asiatische Provenienz hat es Sch�nbergs Konzert f�r Violine und Orchester nicht leicht. Sch�nberg war 1934 im amerikanischen Exil �sthetisch an einen Punkt, wo er auf der Suche nach einer �Melodie aus dem Herzen� war. Welch ein Kontrast! Bei Isang Yun ist der einzelne Ton das musikalische Ereignis, bei Arnold Sch�nberg ist es die Anordnung der T�ne in einer Gruppe. Christian Tetzlaff an der Solo-Violine war f�r die Anordnung der T�ne verantwortlich. Hochkomplex ist das, schon bei der Urauff�hrung am 18. Mai 1935 haben sich die Musiker unter Otto Klemperer daran die Z�hne ausgebissen. Was Tetzlaff hier gestern leistete, war aber atemberaubend. Mit einer Leichtigkeit meisterte er die komplexen, zum Teil mehrstimmigen Passagen. Es schien als m�sste er seine Violine nur zart streicheln, um die Sch�nberg'schen Ideen Klang werden zu lassen. Tosender Applaus, Tetzlaff wurde gefeiert, danach ging es in die Pause.
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Mit Luigi Nonos spritzigen Revolutionsst�ck Julius Fuč�k startete der zweite Teil. Um Fuč�k, ein von den Nazis in Berlin Pl�tzensee ermordeten tschechischen Kommunisten, dreht sich das Melodram. Es steht in der Tradition �italiensicher Komponisten, die den antifaschistischen Widerstand als Feuertaufe auf Menschlichkeit und Kultur thematisieren� (Quelle: Programmheft). Zutiefst menschlich geht es zu und endet mit den gesprochenen Worten: �solange die Menschen nicht ganz Menschen sind�.
Jurowski lie� Beethovens 5. Sinfonie ohne Pause direkt an diese Worte ankn�pfen. Nonos Thema wurde dadurch quasi wie durch einen Beschleuniger gejagt, �berdies in einen musiktheoretischen Zusammenhang gestellt. Die Sinfonie erklang in einer Fassung mit Orchesterretuschen von Gustav Mahler. Einzelne Linien werden da viel deutlicher herausgestellt. Jurowski hatte eine ganz klare Idee von dem St�ck. Er f�hrte das gro�artig aufgestellte Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin mit sicherer Hand und schuf Erlebnisse, die viele, die diesen Evergreen der klassischen Musik schon unz�hlige Male geh�rt hatten, aufh�ren lie�en.
Das war ein toller Einstand. Jurowskis Anspruch zu 100 Prozent eingel�st!
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Das ist Vladimir Jurowski, der neue Chefdirigent vom Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin. Foto (C) Bettina St��
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Steffen K�hn - 18. September 2017 ID 10259
RUNDFUNK-SINFONIEORCHESTER BERLIN (Philharmonie Berlin, 17.09.2017)
Isang Yun: Dimensionen f�r gro�es Orchester mit Orgel (1971)
Arnold Sch�nberg: Konzert f�r Violine und Orchester op. 36
Luigi Nono: Julius Fuč�k f�r zwei Rezitatoren und Orchester
Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 5 c-moll op. 67 (mit Orchester-Retuschen von Gustav Mahler)
CHRISTIAN TETZLAFF, Violine
MAX HOPP (Fuč�k), Sprecher
SVEN PHILIPP (Offizier), Sprecher
RUNDFUNK-SINFONIEORCHESTER BERLIN
Dirigent: VLADIMIR JUROWSKI
Weitere Infos siehe auch: http://www.berlinerfestspiele.de
Post an Steffen K�hn
http://www.hofklang.de
Neue Musik
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