Gro�es
Musiktheater
MEDEA von Aribert Reimann
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Nicole Chevalier als Medea an der Komischen Oper Berlin | Foto (C) Monika Rittershaus
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Bewertung: ���
Mit dem in Reykjavik lebenden australischen Theaterregisseur Benedict Andrews hat Intendant Barrie Kosky wieder einen Coup gelandet. Andrews geh�rt mittlerweile zu einem der gefragtesten Theaterregisseure seiner Generation. Sein gemeinsam mit Tom Wright adaptierter Shakespeare-Zyklus The War of the Roses mit Cate Blanchett hat 2009 weltweit Anerkennung gefunden. Da schaut dann auch schon mal Herbert Gr�nemeyer aus London vorbei, wie man in der Pause an der Bar verbl�fft feststellt.
Doch der Star des Abends ist die amerikanische Sopranistin Nicole Chevalier als Medea. In der nach dem gleichnamigen Drama von Franz Grillparzer konzipierten Oper steht die magische Zauberin Medea im Zentrum. Nicole Chevalier gestaltet eine verlorene, einsame aber sehr moderne Frauenfigur. Sie entwickelt eine unglaubliche Pr�senz und Kraft. Den paradoxen Situationen der Argonauten-Sage ausgeliefert, ist sie Opfer, T�ter und Objekt zugleich. Medea/Nicole Chevalier werden ungeheuerliche Verbrechen angelastet, und das Publikum wird Zeuge von weiteren ungeheuerlichen Verbrechen, die sie begeht. Doch auch nach dem Mord an ihren beiden Kindern haben wir Empathie f�r diese Frau. Nicole Chevalier schafft es, uns den Mythos der Medea verst�ndlich zu machen!
Aber da gibt es auch noch Anna Bernacka, die zweite Power-Frau dieser Inszenierung. Die polnische Mezzosopranistin gibt den weiblichen Gegenpart Medeas. Kreusa, die Tochter Kreons versucht den der Zauberin Medea verfallenen Jason zur�ckzugewinnen. Das fr�he Aufeinandertreffen von Medea und Kreusa markiert das erste Orchestertutti in Aribert Reimanns Oper. Wo Medea/Nicole Chevalier die moderne Frau markiert, spielt Kreusa/Anna Bernacka mit den typisch weiblichen Attributen. Einfach nur sch�n, ja unglaublich sexy gr�tscht sie in die verfahrende Situation. Ihr Vater Kreon will Ruhe im Land und die Beziehung zwischen Jason und Kreusa wiederherstellen. Kreusa/Anna Bernacka vermittelt charmant zwischen den Interessen.
Regisseur Benedict Andrews, B�hnenbildner Johannes Sch�tz und Kost�mbildnerin Victoria Behr haben eine zeit- und ortlose Atmosph�re geschaffen. Der B�hnenraum ist in schwarzer kalter G�nze erlebbar. Wenige Utensilien reichen, um den Plot zu illustrieren. Das imagin�re St�ck Heimat Medeas wird durch wenige Seile projiziert. Eine Mauer aus schwarzen Theaterziegeln suggeriert trennende Unterschiede. Medeas Kinder sind in abstrakten Holzpuppen (von Suse W�chter) pr�sent. Abstrakt und zeitlos ist das Ganze also. Und das ist der gr��te Verdienst der Inszenierung: Dass man nicht einer naheliegenden �bertragung auf heutige Entwicklungen in Sachen Flucht, Identit�t und Migration verfallen ist.
Reimanns Musik begleitet den Plot, aber nicht im herk�mmlichen narrativen Sinn. Die Musik erzeugt immer nur die Stimmungen bzw. den audiovisuellen Rahmen zu dem jeweiligen Inhalt. Steven Sloane treibt das Orchester der Komischen Oper Berlin. Mit dunklen mysteri�sen Kl�ngen startet die Partitur. Intensive und angespannt ist die musikalische Grundstimmung. Atemlose Spr�nge und zackige Aktionen halten die Spannung. Dramaturgische Akzente setzen melodische Verl�ufe der Konversationen zwischen den Figuren. Aber auch in den reinen musikalischen Aktionen, ohne Stimmen, knistert die Atmosph�re. Medea/Nicole Chevalier sublimiert die Musik in solchen Sequenzen in ekstatischen Bewegungen, vokalen Ausbr�chen ja teilweise auch spitzen Schreien.
Tosender Applaus nach einem gro�en Musiktheaterabend!
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Medea von Aribert Reimann an der Komischen Oper Berlin | Foto (C) Monika Rittershaus
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Steffen K�hn - 22. Mai 2017 ID 10041
MEDEA (Komische Oper Berlin, 21.05.2017)
Musikalische Leitung: Steven Sloane
Inszenierung: Benedict Andrews
B�hnenbild: Johannes Sch�tz
Kost�me: Victoria Behr
Dramaturgie: Simon Berger
Licht: Diego Leetz
Besetzung:
Medea ... Nicole Chevalier
Kreusa ... Anna Bernacka
Gora ... Nadine Weissmann
Kreon ... Ivan Tur�ić
Jason ... G�nter Papendell
Herold ... Eric Jurenas
Orchester der Komischen Oper Berlin
Urauff�hrung an der Wiener Staatsoper: 28. Februar 2010
Premiere der Berliner Erstauff�hrung am 21. Mai 2017.
Weitere Termine: 25.05. / 20., 25.06. / 02., 15.07.2017
Weitere Infos siehe auch: http://www.komische-oper-berlin.de
Post an Steffen K�hn
http://www.hofklang.de
Neue Musik
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