Eis-Lilien
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Plakatmotiv: Deutsche Oper Berlin
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Bewertung: ���
Der 1936 in Berlin geborene Pianist, Komponist und Musikwissenschaftler Aribert Reimann z�hlt ganz unumstritten zu den namhaftesten und wohl auch erfolgreichsten Tonsch�pfern unserer Zeit. Und insbesondere die B�hnenwerke von ihm werden - was bei zeitgen�ssischer Musik nicht selbstverst�ndlich ist - oft nachgespielt; in den zwei letzten Jahren beispielsweise gab's Reprisen seiner Opern Melusine (durch die UdK Berlin), Medea (an der KOB) und Die Gespenstersonate (in der WERKSTATT im Schiller Theater). Seinen internationalen Durchbruch schaffte er mit dem vor 40 Jahren an der Bayerischen Staatsoper uraufgef�hrten Lear; auch in Berlin war dieses Meisterwerk bereits mehrfach gesichtet und geh�rt worden...
Jetzt hat er f�r die Deutsche Oper Berlin (seinem Quasi-Stammhaus; hier war er Korrepetitor, hier gelangten gleich mal drei seiner Musikdramen durch den Geburtskanal in den Orchestergraben) einen Eineinhalbst�nder nach Texten Maurice Maeterlinck's geschrieben - er hei�t L'Invisible, ist von ihm als "Trilogie lyrique" untergetitelt und speist sich aus einer theatralisch-dramaturgischen Verk�rzung und Zusammenlegung von Der Eindringling und Interieur sowie Tintagiles Tod, diesen drei Kurzdramen des belgischen, franz�sischsprachigen Symbolisten:
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"Es ist Abend und die Familie hat sich versammelt. Nach einer schweren Geburt liegt die Mutter seit Wochen im Kindbett. In der hereinbrechenden Dunkelheit scheint sich jemand dem Haus zu n�hern. Doch niemand ist zu sehen � bis pl�tzlich die Krankenpflegerin hereinkommt und den Tod der Mutter meldet...
[...]
Es sind Variationen �ber die Unausweichlichkeit des Todes und �ber die Hilflosigkeit der Menschen ihm zu begegnen. Dabei werden R�ume geschaffen, die b�rgerlicher Salon und M�rchenschloss, Traum- und Albtraumvision zugleich sind. Und es treten Figuren auf, die mit ihrer Alltagskonversation von der Unsagbarkeit ihrer �ngste und ihrer Trauer, ihres Grauens und ihrer Hilflosigkeit abzulenken versuchen � das eigentliche, eindr�cklich erfahrbar gemachte Thema von Maeterlincks St�cken."
(Quelle: deutscheoperberlin.de)
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Auch bei Reimann - �hnlich wie beim Debussy, der Maeterlincks Pell�as et M�lisande f�r sich adaptierte - schwirrt und schwabert diese graumoorige Arkel-Stimmung unter Vollmeidung des gelbtrockenen Sonnen-Decks. Die scheinbar auch noch unter Vitaminentzug leidende Spezies der in nebul�ser Unbestimmtheit Auftretenden des Aus-drei-mach-eins-Konglomerats wiegt sich in tiefenpsychologisch ausfransenden Family-Geschichten, wo wom�glich Stephen King (h�tte er je von ihnen was erfahren) durch ermunternde Hinzuw�rzung von Sex & Horror just bei ihrer Ausarbeitung h�tte kurzweiligend assistieren k�nnen. Doch auch so wirkt Alles irgendwie schon gruslig also ohne jede lichte Hoffnung.
Der Musik von Reimann - als das Beste an dem Opus - lauscht der H�rer vorbehaltlos und verst�ndnisvoll all jenes ab, was er in dem franz�sisch Deklamierten (reichlich Sprechgesang) und/oder arios voll Ausgesungenen rein rezipiererisch nicht ganz so in die Reihe kriegt, wie es sich u.U. ihr Librettist gedacht oder gew�nscht hat. Der Orchesterapparat ist �ppig aufgestellt, spielt aber nur an ausgew�hltesten Passagen (insbesondere zum Schluss) in voller St�rke; meistens wechselt er mehr kammermusikalisch zwischen ausschlie�lichen Streicher- resp. Bl�serstimmen und klingt ausgewogen und "bedacht". Sir Donald Runnicles kann diesen �berwiegend sch�nen Hang zur Harmonie gut steuern und auch gleichgewichten.
Rachel Harnisch singt mit ihrer Dreiffachrolle (Ursula, Marie, Ygraine) den Rest des hochvorz�glich aufgebotenen GesangssolistInnen-Ensembles an die Wand!!! / Als die drei Dienerinnen der K�nigin [und den konkreten Plot als Ganzes bitte ich in eigener Regie zu recherchieren!] imponieren und gefallen die Counter-Ten�re Tim Severloh, Matthew Shaw und Martin W�lfel. / Der Knabe Salvador Macedo hat einen heldenhaften Auftritt in der anspruchsvollen Sprechrolle des Tintagiles; wir hoffen, dass er therapeutisch (wegen der verquasten Handlung, die f�rwahr kein Mensch versteht) in ausgezeichneter Betreuung ist...
Den Inszenierern - mit Vasily Barkhatov (Regie), Zinovy Margolin (B�hne), Olga Shaishmelashvili (Kost�me), Ulrich Niepel (Licht) und Robert Pflanz (Schatten-Videos) - gelang eine hochatmosph�rische und dem gedanklichen Konstrukt fast idealisch angemess'ne Sicht.
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L'Invisible von Aribert Reimann an der Deutschen Oper Berlin | Foto (C) Bernd Uhlig
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Der gro�e Spielzeit-Start gelang, man lie� es gleich am Anfang der Saison so richtig krachen.
Triumphaler Urauff�hrungserfolg.
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Andre Sokolowski - 9. Oktober 2017 ID 10305
L'INVISIBLE (Deutsche Oper Berlin, 08.10.2017)
Musikalische Leitung: Donald Runnicles
Inszenierung: Vasily Barkhatov
B�hne: Zinovy Margolin
Kost�me: Olga Shaishmelashvili
Video: Robert Pflanz
Licht: Ulrich Niepel
Dramaturgie: Sebastian Hanusa und J�rg K�nigsdorf
Besetzung:
Ursula / Marie / Ygraine ... Rachel Harnisch
Marthe / Bellang�re ... Annika Schlicht
Dienerin ... Ronnita Miller
Der Vater ... Seth Carico
Gro�vater / Der Alte / Aglovale ... Stephen Bronk
Der Onkel / Der Fremde ... Thomas Blondelle
Das Kind / Tintagiles ... Salvador Macedo
Drei Dienerinnen der K�nigin ... Tim Severloh, Matthew Shaw und Martin W�lfel
Orchester der Deutschen Oper Berlin
Urauff�hrung war am 8. Oktober 2017.
Weitere Termine: 18., 22., 25., 31.10.2017
Weitere Infos siehe auch: http://www.deutscheoperberlin.de
http://www.andre-sokolowski.de
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